Schüler lehren Flüchtlingen Verkehrserziehung
21. November 2016

Emre Büyükhan beugt sich hinunter zu dem kleinen Jungen, der neben ihm steht und packt fest seine Hand: „Ich heiße Emre, und wer bist du?“ Für die nächste halbe Stunde hat sich ein Team gefunden. Der 16-jährige Wirtschaftsschüler und das Kindergartenkind Eltaf marschieren auf den Pausenhof des Geislinger Berufsschulzentrums. Entlang der Rheinlandstraße und einmal im Rechteck – über die Spring- und die Wölkstraße – zurück zur Berufsschule üben sie zusammen mit den anderen Teilnehmern das richtige Verhalten im Straßenverkehr: an der Ampel auf grünes Licht warten, die Straße überqueren, Radler und Autofahrer beachten.

An der Verkehrserziehung nehmen 16 Flüchtlingskinder im Kindergarten- und Grundschulalter aus dem Rheinlandareal teil. Morgen und nächste Woche gibt es zwei ähnliche Termine für junge Erwachsene.

Während diese mit einem pensionierten Polizisten zuerst die Theorie üben und dann auf dem Verkehrsübungsplatz der Lindenschule mit dem Rad ihre Runden drehen werden, stehen für die Kleinen Zebrastreifen und Ampel im Mittelpunkt. Renate Saroglou von der Kreisverkehrswacht Göppingen erklärt ausdrucksstark,

mit vielen Gesten und einfachen Worten, und so verstehen die Kinder aus Syrien, Afghanistan und vielen anderen Ländern gut, worum es geht. Die Verkehrserzieherin gibt mittlerweile viele Kurse für Flüchtlinge. Anwohner beschwerten sich oft, dass diese Gefahren nicht richtig einschätzten – deshalb seien die Schulungen so wichtig, sagt sie.

„Darf man gleich über die Straße, wenn die Ampel für uns grün ist?“, will sie wissen. „Nein, wir müssen zuerst gucken, links und rechts“, ruft ein Junge eifrig und freut sich über ihr Lob. „Die Kinder verstehen schon sehr viel und haben gute Kenntnisse davon, wie sie sich im Straßenverkehr verhalten sollen“, sagt Saroglou. Sie hätte es schön gefunden, wenn auch die Eltern der Kinder dabei gewesen wären, aber das habe sich wohl nicht realisieren lassen.

Zufrieden mit Tag Nummer eins der Verkehrserziehung ist auch Veronika Jagja. Die Lehrerin an der Kaufmännischen Schule setzt sich schon seit über einem Jahr stark für die Flüchtlinge ein und denkt sich immer wieder neue Aktionen mit ihren Schülern aus. Dieses Mal hat sie Unterstützung von ihrer Kollegin Vera Rautenberg. „Die Schüler machen immer gut mit, das ist sehr schön“, sagt Jagja. Die Gruppe hat ihre Runde  fast beendet. Zeit für ein bisschen Quatsch: Emre und sein Mitschüler Volkan Sayin schnappen sich Eltaf und lassen ihn zwischen sich fliegen, bis der Kleine ausgelassen kreischt. „Ja, das macht Spaß“, meint Emre und grinst.

Text: Kathrin Bulling

Foto: Markus Sontheimer

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