Neues Konzept des Azubi-Speeddatings ist voller Erfolg
8. Februar 2020

Der Wirtschaftsgymnasiast Gökay Ünal ist ein bisschen aufgeregt – gleich wird er ein Vorstellungsgespräch zur Probe führen. Der Zwölftklässler ist einer von 21 Schülern der Kaufmännischen Schule Geislingen (KSG), der die Möglichkeit nutzt, beim Azubi-Speed-Dating mit Vertretern von regionalen Ausbildungsbetrieben ein kurzes Vorstellungsgespräch zu führen. Die KSG bietet die Veranstaltung zum ersten Mal an.

 

Gökay Ünal bespricht sich vor seinem Vorstellungsgespräch mit Thorsten Fischer von der Agentur für Arbeit: „Wir reden über die Fragen: Was wollen die von mir wissen? Kenne ich den Beruf und passt er zu mir?“, erzählt Fischer. Der Schüler sagt: „Ich will einfach praktische Erfahrungen sammeln und bin gespannt, was mich erwartet.“ Er interessiert sich für den Beruf des Handelsfachwirts. Darüber spricht er mit einer Mitarbeiterin der Discounterkette Aldi.

 

Kevin Sari von der Wirtschaftsschule verspricht sich durch den Nachmittag, „ein Stück mehr Lebenserfahrung“ zu gewinnen. Er will lernen, wie er sich in einem Vorstellungsgespräch verhalte, sagt der 19-Jährige. Bislang kam er kaum dazu, das auszuprobieren. „Es ist heute eine sehr gute Übung für mich“, sagt er.

 

Einige regionale Ausbildungsbetriebe klagten über Schwierigkeiten, geeignete Azubi zu finden, erklärt Schulleiter Roland Rimbach. Die Veranstaltung gebe ihnen die Möglichkeit, potenzielle Bewerber zu sehen. Im Gegenzug lernen die Schüler mögliche Arbeitgeber kennen.

 

Neun Unternehmen stellen sechs Ausbildungsberufe im kaufmännischen Bereich vor: Zum Beispiel im Bereich Einzelhandel, Lagerlogistik sowie Groß- und Außenhandel. Catrin Hartmann vertritt die Kunstgießerei Strassacker in Süßen. Die Personalreferentin des Betriebs sagt: „Wenn man die Gesichter von Bewerbern sieht, ist das hilfreich“. Vom Azubi-Mangel sei die Firma Strassacker weniger betroffen: „Viele Ausbildungsberufe, die wir anbieten, sind sehr selten“, sagt Hartmann. Das betreffe zum Beispiel den Beruf des Ziseleurs. In technischen Berufen gebe es eher das Problem, Azubi zu finden, bemerkt die Strassacker-Mitarbeiterin. Auch die Personalreferentin von Aldi (die namentlich nicht genannt werden will) hat keine größeren Probleme, Azubi zu finden. Sie erzählt von einem netten Gespräch, das sie kurz zuvor mit einer Schülerin hatte, die sich ganz gut geschlagen habe. Der jungen Frau habe die lockere Gesprächs­at­mosphäre sehr gefallen.

 

Für eine Ausbildungsvermittlung über den Nachmittag hinaus wirbt Petra Dauser von der Bezirkskammer der IHK Göppingen. Sie bietet Beratungsgespräche für Ausbildungssuchende an. Petra Dauser spricht mit den potenziellen Bewerbern über ihre Interessen, Schwächen und Stärken. Regionale Unternehmen melden sich bei ihr, wenn sie im Betrieb freie Ausbildungsplätze haben: „Wenn es ideal läuft, gibt es ein Match“, sagt die Ausbildungsvermittlerin.

 

Marianne Kneer, Abteilungsleiterin Wirtschaftsschule und Berufskolleg ist für die Organisation des Nachmittags zuständig. „Bei manchen Schülern habe ich das Gefühl, dass sie weiter in Vollzeitklassen gehen, weil sie Angst davor haben, sich in einem Betrieb vorzustellen“, sagt die Lehrerin. Die Veranstaltung solle dazu beitragen, dass die Schüler die Scheu verlieren. Darüber hinaus könne vielleicht ein erster Kontakt zwischen den Schülern und einem Unternehmen entstehen. Manche Schüler hätten allerdings befürchtet, dass sie gleich einen Vertrag angeboten bekommen, doch so schnell werde es wohl nicht gehen.

 

Leider hätten einige der anwesenden Betriebe ihre künftigen Azubi schon gefunden: „Das bringt unseren Schülern natürlich nichts“, sagt die Lehrerin.

Tipps auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz

 

Die Agentur für Arbeit empfiehlt, bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz möglichst früh zu beginnen. Größere Firmen schreiben ihre Ausbildungsplätze oft schon anderthalb Jahre vor dem Beginn des Ausbildungsjahres aus. Auch bei Behörden und Verwaltungen gibt es meistens lange Vorlaufzeiten. Außerdem könnte es für die Bewerber hilfreich sein, sich über die Situation auf dem Ausbildungsmarkt zu informieren. Dazu gibt es zwei Internetseiten der Agentur für Arbeit: Im „Ausbildungsradar“ erfährt man, wie viele Ausbildungsstellen in einem bestimmten Beruf auf wie viele Bewerber kommen: arbeitsmarktmonitor.arbeitsagentur.de Unter planet-beruf.de können Interessierte herausfinden, wie viele Bewerber es im Ort im Wunschberuf zuletzt gab. Das hilft potenzielle Chancen abzuschätzen.

 

 

Text: Michael Scheifele

Foto: Markus Sontheimer

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