8. Juni 2021
Schulleiter Roland Rimbach freut sich „riesig“, dass „endlich wieder Leben“ in der Schule herrscht. Die Inzidenzzahlen im Landkreis Göppingen befinden sich seit fast zwei Wochen stabil unter 50 – mit der Folge, dass die Schulen seit gestern wieder Präsenzunterricht für alle Schüler anbieten, wenn auch unter Pandemiebedingungen. Dass die 800 Schülerinnen und Schüler der Kaufmännischen Schule Geislingen (KSG) wieder in die Klassenräume zurückkehren können, stimmt Rimbach froh: „Wir sind erleichtert und voller Freude. Alle sind heiß auf Schule und hoffen, dass es jetzt vernünftig weitergeht und auch das kommende Schuljahr weitestgehend wieder normal wird.“ Es sei für die jungen Leute schon hart gewesen, was während des Lockdowns an sozialen Kontakten weggebrochen sei.
Präsenzunterricht ist möglich, allerdings müssen die Schüler in der Schule getestet werden und Masken tragen. Abstände von 1,50 Meter sind dagegen nicht mehr vorgeschrieben. Neu ist, dass laut Empfehlung des Sozialministeriums keine FFP2-Masken für Lehrkräfte und Schüler mehr erforderlich sind, sondern eine medizinische Gesichtsmaske genügt. Und, dass die Schüler auf Wunsch ihr Testergebnis von der Schule bescheinigt bekommen und die Bescheinigung 60 Stunden gültig ist. Damit benötigen die Schüler innerhalb dieses Zeitraums keine weiteren Tests für außerschulische Veranstaltungen mehr. „Wir haben diese offiziellen Testbescheinigungen bereits am Sonntag ins Schulverwaltungsprogramm integriert und mit den Schülerdaten ausgefüllt“, berichtete Rimbach gestern. An der KSG werden die Vollzeitschüler montags und freitags in der ersten Stunde im Klassenverband getestet, Berufsschüler an ihrem ersten Schultag pro Woche. Wer allerdings die Testbescheinigungen unterschreibt, stempelt und die Testergebnisse einträgt, das musste an der KSG gestern erst noch beraten werden.
Um den Übergang aus dem Homeschooling in den Regelbetrieb für alle Schüler möglichst gut zu gestalten, hat die Schulsozialarbeiterin der Kaufmännischen Schule, Isabel Leibfahrt, sowohl einen Selbsteinschätzungsbogen für Schüler als auch ein „Screening“ für Lehrkräfte erstellt. Rimbach erklärt: „Damit wollen wir eine Gesprächsgrundlage schaffen, um so schnell wie möglich zu erkennen, bei welchen Schülern weitergehende Maßnahmen notwendig sind.“ Ihm und den Kollegen sei klar, dass trotz des gut funktionierenden Online-Unterrichts „der eine oder die andere nicht so erreicht werden konnte, wie es notwendig gewesen wäre“.
Anja Weber, die im Berufskolleg I der Schule Betriebswirtschaftslehre unterrichtet, hat bereits in den ersten Schulstunden gemerkt, dass „sich so mancher erst wieder ins normale Schulleben einfinden muss“. Da in der Klasse demnächst eine wichtige Prüfung ansteht, muss sie erst überprüfen, wo jeder Schüler steht. „Dann heißt es viel wiederholen und viel üben.“
Bei den Schülern des Wirtschaftsgymnasiums habe das Homeschooling gut funktioniert, resümiert Tim Noherr, der dort BWL und Sport unterrichtet. Beide Lehrer sind sich einig, dass es sehr von der Schulart abhänge, wie Schüler mit dem Online-Unterricht klar kommen. Noherr meint: „Aber die Schere ging weiter auseinander. Bei Schülern, die schon im Präsenzunterricht Probleme hatten, haben sich diese im Homeschooling noch verstärkt.“
Vor- und Nachteile des Online-Unterrichts aus Sicht der Schüler
Yaren Solmaz (16), Schülerin des Wirtschaftsgymnasiums (WG): „Ich habe mich richtig auf heute gefreut, wieder all die Freunde zu sehen und auch die Lehrer. Man kann kleine Fragen mit dem Nebensitzer klären und muss nicht mehr alles allein lernen. Dadurch hat man viel mehr Motivation. Wenn man in der Schule was nicht versteht, erkennt der Lehrer das auch oft am Gesichtsausdruck, man muss nicht jedes Mal fragen. Aber online hatte den Vorteil, dass die Lehrer sehr gut auf einzelne Fragen eingegangen sind. Außerdem konnte ich länger schlafen und musste im Winter nicht bei dunklem und kaltem Wetter morgens raus.“
Max Bunth (16), WG: „Online-Unterricht ist zäh und langweilig. Man traut sich kaum etwas zu fragen, weil alles leise ist, weil ja jeder stummgeschaltet ist.“
Sevil Sahmorat (17), Berufskolleg I (BK I): „Anfangs war ich noch motiviert, aber vor allem gegen Ende war es schlimm, ich konnte mich kaum konzentrieren.“
Anona Bussey (17), WG: „Bei schüchternen Schülern wusste man oft gar nicht, ob die überhaupt noch da waren. 90 Minuten Online-Unterricht fühlen sich an wie zwei Stunden Präsenz. Aber in der Schule war es durch das Lüften immer kalt, zu Hause warm. Online kann man Hohlstunden besser nutzen und man kann sich besser konzentrieren, weil es so leise ist.“
Sedanur Demir (18), BK I: „Ich habe mich oft nicht getraut zu fragen. Im Präsenzunterricht wäre der Lehrer vielleicht zu mir gekommen. Viele haben die ganze Zeit geschwiegen, und immer nur die paar Gleichen haben geredet.“
Text: Claudia Burst
Foto: Markus Sontheimer