Erfolgreiche Lernbrücke an der KSG
11. September 2020

„Ich hatte vier Wochen Zeit, um mich zu entspannen“, sagt die 18-jährige Ribanna lächelnd. Sie stört es ganz und gar nicht, in den letzten beiden Ferienwochen in die Kaufmännische Schule Geislingen zu gehen. Die Wirtschaftsgymnasiastin will viel lieber ihr Wissen auffrischen, um besser ins nächste Schuljahr reinzukommen, denn eines steht für Ribanna fest: „Wegen der Corona-Krise war im vergangenen Schuljahr alles komplizierter.“

Die 18-Jährige spricht damit vor allem den Lockdown an und das Home Schooling. Aus diesem Grund hatte das Kultusministerium beschlossen, die Lernbrücken ins Leben zu rufen. Dazu erklärt Ministeriumssprecherin Christine Sattler: „Durch die Schulschließung waren die Schüler auf das Lernen zu Hause angewiesen. Dies hat vor allem bei leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern zu Lernlücken geführt.“ Nun sollen die Jugendlichen die Chance bekommen, Stoff aufholen zu können.

Seit Anfang dieser Woche büffeln Ribanna und ihre Mitschüler in der Lernbrücke in der Kaufmännischen Schule. Mit dabei waren am Montag drei Gruppen mit insgesamt 44 Jungen und Mädchen aus dem Wirtschaftsgymnasium und der Wirtschaftsschule. Von 50 Lehrern sind zehn im Einsatz –  eine gute Quote, findet Schulleiter Roland Rimbach, immerhin werden auch nicht alle Fächer unterrichtet. Schwerpunkt bilden Wirtschaft, Mathe, Deutsch und Englisch – „weil es die Hauptfächer sind“. Jugendliche, die Hilfe bräuchten in Biologie oder Physik, müssen auf ein Angebot allerdings verzichten.

Rimbach ist mit dem Start der Lernbrücke zufrieden. Er freut sich über das Engagement seiner Kollegen (“Sie sind sehr motiviert“) und der Schüler (“Sie empfinden es nicht als schlimm, sie sind dankbar für die Möglichkeit“). Es gibt weder Erziehungs- noch Ordnungsmaßnahmen, die Teilnahme an den Lernbrücken ist freiwillig. Rimbach hat Verständnis, falls jemand nicht da sein kann, immerhin ist Urlaubszeit und viele Schüler haben Minijobs in den Ferien.

Was er sich gewünscht hätte, wäre allerdings eine längere Vorplanung gewesen. „Das Kultusministerium hat die ganze Sache am 10. Juli erst angestoßen“, kritisiert Rimbach. Das sei zu kurzfristig gewesen. Vor ihm und seinen Kollegen stand ein riesiger Berg an Vorbereitungen: Es musste geklärt werden, wer überhaupt dabei sein kann, der bürokratische Aufwand war zudem erheblich und zuletzt kam von der Politik aus Stuttgart „kein Stützmaterial für den Unterricht. Wir haben nur Links bekommen.“ Damit sei nicht viel anzufangen gewesen und für die Lehrer habe es mehr Vorarbeit bedeutet.

Dabei hatte Kultusministerin Susanne Eisenmann im Vorfeld noch groß versprochen: „Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) biete den Schulen die notwendige Unterstützung: Über Online-Informationsveranstaltungen konnten sich die Lehrerinnen und Lehrer vorbereiten, Materialien zur Förderung der Kernkompetenzen konnten beim ZSL bestellt werden und auf dem Serviceportal des ZSL ‚Lernen überall’ stehen weitere umfangreiche Materialien zur Diagnose und Förderung zur Verfügung.“

Gereicht hat die Unterstützung offenbar nicht. Die Mathe-Lehrerin Lara Hald kritisiert ebenfalls die Politik: „Aus meiner Sicht hätte sich das Kultusministerium deutlich früher melden sollen.“ Über die Idee, Lernbrücken ins Leben zu rufen, freut sie sich aber: „Mir liegt es am Herzen, den Schülern zu helfen.“ Gerade jene, die in der Corona-Krise ihre Probleme mit dem Unterrichtsstoff hatten, müsse man auffangen.

Die Lernbrücken raubten ihr auch nicht die Vorbereitung aufs neue Schuljahr, sagt Hald. „Alles, was ich jetzt erarbeite für den Unterricht, kann ich später verwenden.“ Und was ist mit den Schülern, die an den freiwilligen Lernbrücken nicht teilnehmen? Erleiden sie Nachteile? „Nein, wir wiederholen ja den Stoff. Es kommt kein neuer hinzu“, verspricht Lara Hald.

Nicht nur Ribanna hängt sich rein, um Wissenslücken zu schließen. Das Gleiche gilt auch für die 17-jährige Malena, die ebenfalls das Wirtschaftsgymnasium besucht: „Ich brauche etwas Hilfe in Mathe“, gibt sie zu. Da das Abitur bald auf sie zukomme, wolle sie bestens darauf vorbereitet sein – „um später keine Probleme zu bekommen“.

 

Lernbrücken im Landkreis

Jörg Hofrichter, Leiter des Staatlichen Schulamts Göppingen, berichtet, dass im Schulbezirk Lernbrücken „an 217 Standorten für 2554 Schüler durch 360 Lehrkräfte“ angeboten werden. „Überschlägig entfällt ein Viertel auf den Kreis Göppingen.“ Zum Schulbezirk gehören auch der Ostalbkreis und der Kreis Heidenheim. Das Schulamt ist zuständig für die Grundschulen, Werkrealschulen, Realschulen, Gemeinschaftsschulen und sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren.

32 Lehrer kümmern sich in Gymnasien um 220 Schüler. Laut Regierungspräsidium gibt es Lernbrücken in folgenden allgemeinbildenden Gymnasien: Raichberg-Gymnasium in Ebersbach, Freihof-Gymnasium in Göppingen, Erich-Kästner-Gymnasium in Eislingen, Rechberg-Gymnasium in Donzdorf und Michelberg-Gymnasium in Geislingen.

 

Text und Foto: Ruben Wolff (GZ)

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